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Geschichte(n)
außergewöhnliche Zeitgenossen und interessante Ereignisse
in der Umgebung von Hörde.
2021-02-05
Wilhelm Hirsch, Abdecker und Scharfrichter
Johann Dietrich Wilhelm Hirsch wurde am 21.11.1802 als Sohn des damaligen Unnaer Abdeckers in Unna geboren und hatte 1824 die Tochter des Abdeckers von Erwitte geheiratet.
Er betrieb als „Thierarzt, Scharfrichter und Wasenmeister“ eine Abdeckerei im Ölckenthurm in Unna.
1475 als Teil der Stadtbefestigung gebaut, wurde der Turm noch im 18. Jahrhundert als Gefängnis benutzt. 1790 diente er der Garnison zu Unna als Pulvermagazin.
Wilhelm Hirsch hatte den Turm um 1847 zunächst gepachtet, kaufte ihn 1856 und machte das obere Geschoss „einen Kopf kürzer“.
In der Abdeckerei wurden tote Tiere verarbeitet. Die Knochen wurden den Seifensiedereien, die verfaulte Fleischmasse den Salpetersiedern und die Häute den Gerbereien zugeführt. Das Fett der Tiere wurde als Zutat für allerlei medizinische Salben genutzt.
In dem „Ein schön neuerfundenes Kunst-Büchlein“ von 1799 kam als Zutat auch „Menschenschmalz“ vor. Auch das hätte man bei Hirsch bekommen können, als „Armesünderfett“.
Die Angestellten in der Abdeckerei nannte man „Schinder“.
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts war in Deutschland die Ausübung der Abdeckerei mit dem Amt des Scharfrichters verbunden.
Mit 38 Jahren legte er vor dem Unnaer Land- und Stadtgericht das Scharfrichterexamen ab und wurde 1841 vereidigt.
Gleich am nächsten Tag „verrichtete er seine erste Enthauptung“, wie er selbst schreibt,
in Münster.
Für eine Hinrichtung bekam er jeweils eigens ausgehandelte Beträge zwischen 70 und 120 Talern. Das warenr elativ hohe Beträge, allerdings vollstreckte er in den Jahren 1841 bis 1858 insgesamt „nur“ elf Todesurteile.
Der Diensknecht Gerhard Sandhövel wurde zum Tode „durch das Rad von oben herab“ verurteilt, weil er die 18 jährige Bernhardina Büssing vergewaltigt und erdrosselt hatte.
Der preußische König wandelte das Urteil am 4.4.1843 in Tod „durch das Beil“ um.
Die Enthauptung fand am 21.7.1843 vor zahlreich erschienenen Zuschauern in Hamm durch den Scharfrichter Wilhelm Hirsch statt.
Das war die letzte öffentliche Hinrichtung in Hamm.
Der Kötter und Tagelöhner Heinrich Schewe gnt. Brutkuhl aus der Ostenfeldmark bei Hamm hatte seine schwangere Ehefrau Magdalena geb. Stapel im Streit erwürgt.Nach seinem Geständnis sagte er: „ Ich will lieber den Kopf verlieren, als fortwährend mit einem bösen Weibe in Zank und Streit zu leben“.
So wurde er am 19.9.1853 „auf dem ersten umschlossenen Hofraume“ der Gefangenenansstalt Hamm von Wilhelm Hirsch enthauptet.
In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 1850 wurde der Kaufmann Heinrich Specht in seinem Haus am Westenhellweg in Dortmund mit dem Hammer erschlagen.
Nach umfangreichen Ermittlungen und Zeugenbefagungen kam heraus, das sein Adoptivsohn Anton die Brüder Heinrich und August Steinhaus, den Kohlenschieber Heinrich Schulte und den Chirurgiehelfer Eduard Wildenhayn zur Ermordung seines Vaters angestiftet und beauftragt hatte.
Er hätte ein schlechtes Verhältnis zu seinem Vater gehabt, gab er vor.
Anton Specht wurde als Rädelsführer, Heinrich Steinhaus als Hammermörder, August Steinhaus als Mordplaner zum Tode verurteilt.
Heinrich Schulte wurde zu einer lebenslänglichen und Eduard Wildenhayn zu einer 15jährigen Zuchthausstrafe verurteilt.
Am 23.11.1853 fand dann im Hof der Strafanstalt Hamm eine Dreifachhinrichtung durch Wilhelm Hirsch statt.
Auf dem mit Sand bedeckten Hof waren drei Richtblöcke mit zehn Fuß Absstand errichtet. Heinrich Steinhaus „wurde von den Henkersknechten niedergerissen und Hirsch trennte mit einem scharfen Hieb den Kopf vom Rumpfe“ Danach war Specht an der Reihe und zum Schluß August Steinhaus.
Das ganze dauerte ungefähr 20 Minuten. Mehrere Bürger waren gegen Karten als Zuschauer zugelassen. Vor dem Gefängnis wurde massenweise Publikum durch Militärposten zurückgehalten.
Wilhelm Hirsch wurde bestätigt, dass er sich bei Exekutionen „stets lobenswert betrug und dabei die größte Sicherheit, Gewandtheit und Schonung bewies“.
Sein Nachfolger wurde mit 31 Jahren sein ältester Sohn Ludwig, der in Dortmund-Brackel eine Abdeckerei betrieb. Er trat aber nur einmal in Aktion, nämlich als er 1867 in Arnsberg einen Mörder enthauptete.
Wilhelm Hirsch starb 1881 in Unna,
Quelle:
Westfälische Unterwelt, Historische Kriminalfälle und Hinrichtungen in Westfalen,
Autor Udo Bürger, ISBN 978-3-87023-376-1
Strafvollzug anno dazumal in Unna und Umgebung
PowerPoint-Vortrag von Josef Cornelissen im Rahmen der gemeinsamen Vortragsreihe der Geschichtswerkstatt und des SGV Heimatvereins Unna am 14. April 2011 im Nicolai-Haus.
Der Ölckenthurm ist heute ein beliebtes Restaurant in Unna
Restaurant Ölckenthurm
Andreas - 19:29:20 @ Lokalgeschichten | Kommentar hinzufügen
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