Brücher´s

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Geschichte(n)

außergewöhnliche Zeitgenossen und interessante Ereignisse

in der Umgebung von Hörde.


2021-12-22

Hörder Tierpark

Fritz Theodor Bell *31.03.1884 Bickefeld bei Berghofen ~16.04.1884 in Hörde.

Er war der 9.von 13 Kindern des Fabrikarbeiters und Schuhmachers Johann August Bell (29.06.1846, Nister, Amt Hachenburg) und seiner Frau Maria Magdalena Runkel  (15.09.1849, Almersbach,Kreis Altenkirchen).

Am 24.10.1908 heiratete er in Hörde  Johanna Wilhelmina Elfriede Hartwig

Seine älteste Schwester Lina war meine Urgroßmutter. Sie hatte 1892 den Modellschreiner Fritz Brücher geheiratet, war allerdings schon 1922 im Alter von fast 54 Jahren gestorben.

Im Jahr 1926 eröffnete Theodor hinter einem kleinen Häuschen an der Wellinghoferstraße 83, seinem Wohnhaus, einen kleinen Zoologischen Garten.

Diese Zeit war geprägt von Zechenschließungen, “Feierschichten”, Aussperrungen, Teilschließungen, Kündigungen der Gesamtbelegschaft und Wiedereinstellung zu schlechteren Bedingngen  im „Phoenix“, dem Stahlwerk und Hauptarbeitgeber in Hörde.

Theodor hatte sein Grundstück umzäunt und zahlreiche Käfige gebaut. 1926 war Eröffnung.

Das „Hörder Volksblatt“ schreibt am 26.6.1926: „ In einem geräumigen Käfig, von innen mit Bäumen und Sträuchern ausgeschmückt, hüpfen munter von Ast zu Ast „unzählige“ kleine und große Vögel in aller Farbenpracht: Goldstrom, Gras- und Wellensittiche, Gelbschulter-Stare, Kardinal, Afrikanische Glanzstare, Chinesische Nachtigall.

Käfig folgt aus Käfig, in jedem eine andere Art von Tieren, wie z.B. Mäuse-Bussarde, Schleier- und Waldohr-Eule, Waldkäuzchen, Perlhühner, Eichhörnchen, Dohlen, Saat- und Nebelkrähe. Dann wieder Edel-, Wald-, Gold- und Ringfasane, ja sogar auch Rebhühnchen usw. usw.

Etwas abseits fällt ein etwas stärker gebauter Käfig auf, darinnen lag „Meister Reinecke“ mit seinem Bruder auf der Lauer. Er hat die Versuche noch nicht ganz aufgegeben, sich aus der Gefangenschaft wieder zu befreien.

Eine große Anziehungskraft für groß und klein ist das Affenhaus. Die Schaulustigen kommen aus dem Lachen nicht heraus. Drollig sieht es aus, wenn alle drei sich bespiegeln und „fein machen“, hinterher sich umarmen und küssen. Hinter dem Affenhaus liegt ein geräumiges Bassin. Fischreiher, Kormorane, Kampfhähne und Möwen sieht man Jagd auf Frösche machen.

Am Ausgang, auf einem kleinen Thron, sitzt „Lissy“, ein kleines zahmes Aeffchen, das allen zu Abschied die Hand reicht und dabei so treuherzig ausschaut, als würde es sagen: „Kommt alle recht bald wieder!“ So viel ist sicher, wer z.B. seinen Kindern mal eine große Freude  machen möchte, der trifft mit einem Besuch unseres Hörder Tierparks bestimmt ins Schwarze.“

Theodor hatte Anzeigen in der Zeitung aufgegeben um den Tierpark bekannt zu machen.

Im ersten Jahr kamen dann auch 350 Besucher.

Im Jahr 1927 bekam er eine Kreuzotter dazu und die Zahl der Besucher stieg auf 4000 Personen. Die meisten der Besucher waren Schulklassen die aus dem Landkreis Hörde, aus Dortmund aber auch aus Hagen oder Recklinghausen kamen. Deshalb nannte man den Zoo bald „Schulzoo“.

Am 1. April 1928 wurde Hörde zusammen mit etlichen anderen Gemeinden des Landkreises Hörde in die Stadt Dortmund eingemeindet.

Zur Unterhaltung des Zoos reichte die Besucherzahl nicht aus. Trotzdem hatte Theodor den Plan, eine Vergrößerung um das Doppelte vorzunehmen.

Das „Hörder Volksblatt“ schreibt am 14.4.1928 : „Es wäre zu wünschen, daß der Besitzer aus öffentlichen Mitteln Unterstützung erhalten würde. Die Allgemeinheit und besonders den Schulkindern würde damit ein großer Dienst erwiesen.

Über die beiden Füchse ist noch eine kleine Geschichte zu erzählen. So jung sie sind, so frech sind sie auch. Sie hatten ihr Winterquartier wie alle im großen Stalle. In der Nachbarschaft war auch der Fischreiher. Dem waren die Füchse schon vom ersten Tage an wenig hold, und sie trugen sich mit grausigen Mordgedanken. Der arme Reiher ahnte nichts. In einer stillen Stunde wurde der Mordplan ausgeheckt und gleich in die Tat umgesetzt .

Die Füchse brachen plötzlich aus. Da wußte der Reiher, daß sein letztes Stündlein geschlagen habe. Und es dauerte nicht lange, da war der Reiher nicht mehr. Der Tiervater mag sehr böse gewesen sein, und noch lange nachher duckten sich die beiden Füchse, wenn er kam. Nun hat er ihnen inzwischen wieder verziehen. Ein neuer Fischreiher wird bald seinen Einzug halten.

Auch Hans ist nicht mehr. Hans war das liebe zahme Reh, das der Jugend viel Freude bereitet hat. Vielleicht zuviel. Immer brachten ihm die Kinder reichlich Futter mit, und sie freuten sich, wenn er dankbar aus ihrer Hand fraß.

Hänslein hätte sich auch etwas mehr in acht nehmen sollen. Als ihm einmal die Kinder Erdnüsse mitbrachten, hat er sich etwas übernommen, und am nächsten Morgen konnte er nicht mehr aufstehen. Lange lebte er nicht mehr.

Dem Besitzer ist durch diese Unvorsichtigkeit der Kinder großer Schaden erwachsen. Die Lehrer mögen daher die Kinder unterweisen, das sie den neuen Hans, der in den nächsten Wochen im Park Wohnung nimmt, etwas schonender behandeln, damit recht viele Kinder ihn begrüßen können.

Neu sind jetzt schon im Park ein Silberfasan mit Huhn und drei Wasserhühner. Ein Fischreiher, ein neuer Hans und etliche Pfauen sollen noch kommen. Am ersten Mai wird dann der Park seiner Bestimmung übergeben. Lissy freut sich heute schon darauf, und der Kakadu wird wissen, was sich gehört.“

Am 14.6.1928 schreibt die Zeitung: „Mehrere Schulen sind dazu übergegangen, Malunterricht im Hörder Zoo aufzunehmen. Schüler und Schülerinnen einer Dortmunder Schule haben ihre zeichnerischen Talente hier schon versucht. Aeffchen Lissy war zwar etwas wütend, wurde aber mit einien Erdnüssen beruhigt.

Lissy hat überhaupt ein ziemlich unruhiges Temperament. Es weiß scheinbar ganz genau, daß es das Lieblingsäffchen der Famile ist. Seine Vorrangstellung kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß es nicht am Drahtgitter des allgemeinen Affenkäfigs Kletterversuche zu machen braucht. Es hat größere Freiheit, liegt aber dennoch an der unbequemen Kette. Was gäbe das Tier darum, wenn Papa Bell ihm die Kette nehmen würde.

Lissy wird sehr oft porträtiert, wenn es auch nicht recht glauben will, daß es so und nicht anders aussieht. Der Eulenfamilie ist es ziemlich schnuppe, was die Jugend mit Zeichenstift und weißem Bogen von ihr will. Ihre philosophische Beschaulichkeit erleidet durch derlei Experimente wenig Abbruch.

Anders der Kakadu, nicht der weiße, der vorn am Eingang „Winke-Winke“ macht, sondern der andere, der grüne. Der unterhält den ganzen Park und schwätzt wie Frauen beim Kaffeklatsch, nur mit dem Unterschied, daß er die Konversation ganz allein bestreiten muß. Das ermüdet manchmal, und er schweigt so beharrlich, daß nichts ihn bewegen kann, etwas freundlicher zu sein.

Nur, wenn hin und wieder mal ein kleines Mädchen vorbeistreicht, singt er mit melodischer Süße: „Komm mein Schatz, wir …“ In den neueren Schlagern kennt er sich nicht aus. Im nächsten Jahre singt er vielleicht einmal: „Ich hab mein Herz …“

Das arme Kakaduherz, Es hilft ihm nichts. Auch hier ist die Eisenkette stärker, als seine Liebesglut.

Anders bei den Affen. Vier waren bisher da. Aeffin Karla trug sich schon seit langem mit Liebesgedanken, das blieb nicht mehr verborgen. Jetzt fühlte sie sich bewogen, einmal Mutter zu werden. An einem lauen Frühlingsabend war das. Man hat die Zeit registriert: am Dienstag, den 12 Juni, abends 8 Uhr, kam ein junger Affe zur Welt. Affe, nicht Aeffin oder Aeffchen, Jetzt zählt die Affenfamilie fünf Mitglieder.

Es wird noch weiterer Zuwachs erwartet. Still hinter einem Bretterverschlag sitzt ein Wasserhuhn und brütet, was das Zeug hält. Es wollte der Aeffin zuvorkommen. Das ist zu spät, aber lange wird es nicht dauern, und einige Wasserhühnchen, die Zahl ließ sich noch nicht feststellen, schlüpfen aus. Dem Hörder Zoo stehen noch allerlei Geburtsfeste in Aussicht.“

Auch die Äffin Lissy bekam im Jahr 1929 Nachwuchs. Die empfindlichen Tiere wurden von September bis April in einem, mit einem Ofen beheizten, Stall gehalten. Die Tiere durch den kalten Winter zu bekommen war keine Kleinigkeit.

Am 10.5.1930 schreibt das Volkblatt: „Einen Verlust hat Tiervater Bell im letzten Winter gehabt. Der Fischreiher, der immer den lustigen Storch „Jackel“ verfolgte, ist eingegangen. Bald wird ein neuer dem Jackel Gesellschaft leisten.

Übrigens, Jackel, der Storch, ist ein ganz originelles Wesen. Fragt mal die Schulkinder. Diese sind besser unterrichtet. Von Januar bis jetzt sind schon 40 Klassen im Tierpark gewesen. In den letzten Monaten des vergangenen Jahres waren es rund 16500 Besucher.“

Im gleichen Monat wurde eine Tarantel in den Zoo gebracht, die als blinder Passagier in einem Bananenbündel nach Hörde gekommen war.

Am 7.8.1930 schreibt das „Hörder Volkblatt“: „Trotz des schlechten Wetters erfreut sich der Tierpark Hörde eines recht regen Besuchs. Alle Eltern, die ihre Kinder nicht in die Sommerfrische schicken wollen oder können, sie aber gern von den verkehrsreichen Straßen haben möchten, geben gern ein Zehnpfennigstück heraus und schon läuft die Jugend zu Vater Bell, der un ermüdlich erklärt, den Storch klappern läßt, dem Rehchen die Flasche reicht usw.“

Da es noch sehr wenig Verkehrregeln gab (Rücklichter z.B. waren noch unbekannt), gab es faßt jeden Tag mehr oder weniger schwere Unfälle, vor allem mit Motorrädern.

Im September 1930 bekam der Zoo eine Vogelspinne, auch aus einem Bananenbündel. Die Taranel hatte da hunderte von Eiern gelegt. Am 25. Oktober berichtete die Zeitung das Theodor einen Dachs angeschaffen will.

Im Mai 1931 wurde darüber berichtet. daß das Bussardpärchen im Zoo brütet. „Auch sonst hat sich der Tierpark „gemacht“, ehe er sein grünes Törchen für die neue Saison öffnete. Eine ganze Reihe neuer Tiere, darunter ein riesengroßer zahmer Flamingo, ein naturgetreues Panorama und vieles andere lassen die Einladung des Papageien Lorchen gerechtfertig erscheinen, die da lautet: „Bitte näher treten!“

Am 31.5.1931 schreibt die Zeitung das die Waldkäuze und auch die Fischreiher brüten. Als Neuerwerbung kommen Waldohreulen dazu. Im Oktober kam dann der Dachs hinzu und ein „handzahmer“ Sperber.

Am 31.5.1932 gibt es einen neuen Bericht über den Zoo: „Nein die Hörder Jugend hat sich nicht gewandelt. Sie treibt sich auch heute noch am Markbach umher. Aber sie weiß, daß es besondere Freude machen muß, einmal umsonst in den Hörder Zoo an der Wellinghoferstraße zu gelangen. Sehen Sie, wie geschäftstüchtig so ein Hörder Junge ist. „Vater Bell,“ sagt er, „Du hast doch Tiere, die Frösche fressen und Regenwürmer. Richtig? Du hast auch einen Klapperstorch. Wohl? Hier habe ich eine Konservenbüchse mit Regenwürmern und Fröschen.“ Nun ist der Hörder Junge im Zoo, und wer wollte so herzlos sein, ihn gleich wieder aus diesem Paradiese zu vertreiben. - Da ist der „Laden“ bald voll, aber Papa Bell, der Tierparkinhaber, hat nichts davon und seufzt“

Im Juni 1932 wird berichtet, das Theodor die Bussardjungen, die die Eltern aus dem Nest geworfen hatten, nun mit der Hand aufgezogen hat.

Am 13.4.1933 steht dann im Hörder Volkblatt: „Der Besitzer des Hörder Tiergartens, „Vater Bell“, Wellinghoferstraße, hat sich schweren Herzens entschlossen, seinen Tiergarten zu schließen. Es gab mal eine Zeit, da beneideten die Dortmunder die Hörder um ihren „Zoo“. Herr Bell wil jetzt seinen Tiebestand verkaufen“

Am 6.5.1933 berichtete die Zeitung:

Der Hörder Tierpark bleibt erhalten.

Vor einiger Zeit wurde berichtet, daß Herr Bell seinen Tierpark aufgeben würde. Da Herr Bell vo vielen Seiten gebeten wurde, den Tierpark nicht zu schließen, will der “Zoo“-Besitzer den Tierpark beibehalten, vorausgesetzt, daß er in der Hörder Bevölkerung genügend Unterstützung und Förderung findet. Der Hörder Zoo ist weit über die Stadtgrenzen bekannt. Er liegt bei den Hördern, ob der Park weiterbestehen kann. Der Tierbestand ist so sehenswert, daß mit einem stärkeren Besuch des Hörder „Zoos“ gerechnet werden muß. Nur dann kann eine Schließung vermieden werden.“

Am 14.4.1934 berichtete die Westfälische Landeszeitung

“Hörder Tierpark wird Wellensittichzüchterei”

Wir berichteten vor einiger Zeit, daß der in der Wellinghoferstraße liegende Tierpark infolge des schlechten Besuchs in den letzten Jahren seine Pforten für immer schließen werde und die Tiere zum Teil an den Dortmunder Zoo an der Steinernen Brücke, zum Teil anderweitig verkauft würden. Das ist inzwischen geschehen, in den letzten Monaten hat man das frühere Tierparkgelände umgestaltet, das hier eine Wellensittichzüchterei angelegt werden soll. Die früheren Tierbehausungen sind schon in Brutkästen umgestaltet worden. Der Garten selbst hat ein neues Aussehen erhalten. Der größte Teil wurde durchgrünt und mit seltenen Ziersträuchern und Pflanzen versehen. Ein Teich für Zierfische schmückt die Mitte der Anlage. Es ist damit zu rechnen, daß in einigen Wochen diese den Volksgenossen zum Besuche freigegeben wird.

Andreas - 21:05:39 @ Lokalgeschichten | Kommentar hinzufügen